Bildung für nachhaltige Entwicklung

BNE als Querschnittsaufgabe

„Nachhaltige Entwicklung bedeutet Menschenwürde und Chancengerechtigkeit für alle in einer intakten Umwelt zu verwirklichen. Zu dieser gesellschaftlichen Gesamtaufgabe muss Jede*r beitragen und Bildung spielt dabei eine zentrale Rolle.“ (Deutsche UNESCO-Kommission) Der Mensch greift durch seine Lebensweise heutzutage so stark wie nie zuvor in Umweltprozesse ein, mit gravierenden lokalen wie globalen Folgen. Ursachen und Wirkungen werden für ihn dabei immer unüberschaubarer, gefundene Lösungsansätze erzeugen neue Herausforderungen. Um die komplexen Beziehungen besser nachvollziehen zu können und sich aktiv an Lösungsmöglichkeiten zu beteiligen, bedarf es einer neuen Art von Bildung, einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). Die Komplexität und gleichzeitig inflationäre Verwendung des Begriffes „Nachhaltigkeit“ sowie eine teilweise bis heute bestehende Unklarheit zum Verständnis einer Bildung für nachhaltige Entwicklung führen häufig dazu, dass BNE auf Umweltbildung im schulischen Kontext reduziert wird. Sicher bezieht BNE, als gesamtgesellschaftliches Projekt respektive Querschnittsaufgabe, die klassische Umweltbildung mit ein, geht zugleich aber weit darüber hinaus. Weckt Umweltbildung die Neugier für das bewusste Erleben der Natur und erläutert natürliche Zusammenhänge mit dem Ziel eines verantwortungsvollen Umgangs mit der Natur, nimmt BNE darüber hinaus eine globale und interdisziplinäre Perspektive ein und hat gleichzeitig die lokale Verantwortung jedes Einzelnen im Blick. Fragestellungen wie zum Beispiel „Wie beeinflussen meine Entscheidungen Menschen nachfolgender Generationen oder in anderen Erdteilen?“ oder „Welche Auswirkungen hat es, wie ich konsumiere, welche Fortbewegungsmittel ich nutze oder welche und wie viel Energie ich verbrauche?“ sind hier zentral. Bezüge zur Global Citizenship Education sind der BNE gleichwohl immanent. Im Rahmen unserer heutigen global-vernetzten Informationsgesellschaft steht nicht mehr die Beschaffung von Informationen im Vordergrund, sondern das Verstehen systematischer Zusammenhänge (Erkennen & Bewerten) und die Kompetenz zur Beteiligung an der Lösungsfindung (Handeln) für gesamt-gesellschaftliche Problemstellungen. Das Ziel des ganzheitlichen Bildungsansatzes BNE, die Entwicklung und Erweiterung der eigenen Kompetenzen, ermöglicht erst die eigene aktive Gestaltung einer ökologisch verträglichen, wirtschaftlich leistungsfähigen und sozial gerechten Umwelt unter Berücksichtigung globaler Aspekte, demokratischer Grundprinzipien und kultureller Vielfalt.

 

BNE als Schlüsselinstrument zur Erreichung der SDGs

Auf dem Weltgipfel Rio+10 in Johannesburg wurde im Jahr 2002 die Weltdekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (2005–2014) ausgerufen. Damit wurde BNE zum ersten Mal weltweit auf die bildungspolitische Agenda gesetzt. 10 Jahre später wurde auf dem globalen Nachhaltigkeitsgipfel, wieder in Rio de Janeiro, die Relevanz von BNE als Schlüsselfaktor für eine nachhaltige Entwicklung anerkannt. Eine UN-Resolution zur Fortführung der oben genannten UN-Dekade im Rahmen des sogenannten UN-Weltaktionsprogramm BNE (2014–2019) wurde ein Jahr später verabschiedet. Das fünfjährige Programm zielte darauf ab, langfristig eine systemische Veränderung des Bildungssystems zu bewirken und Bildung für nachhaltige Entwicklung vom Projekt in die Struktur zu bringen. Im September 2015 verabschiedeten die Vereinten Nationen unter dem Titel „Transformation unserer Welt“ die Agenda 2030 mit 17 Globalen Nachhaltigkeitszielen (Sustainable Development Goals, SDGs). Mit den 17 SDGs und den dazugehörigen 169 Zielvorgaben hat sich die Weltgemeinschaft erstmals auf einen universalen und alle drei Nachhaltigkeitsdimensionen einschließenden Katalog von festen Zeitzielen geeinigt und den globalen Rahmen für die Nachhaltigkeitspolitik der kommenden 15 Jahre abgesteckt. Die Nachhaltigkeitsziele nehmen dabei neben den Regierungen alle Menschen in die Verantwortung, alle sollen Teil des Wandels sein. In der Zielvorgabe 4.7 verpflichteten sich die Regierungen, den Bereich der Bildung für nachhaltige Entwicklung künftig verstärkt zu fördern. Die Bundesregierung trug dieser Verpflichtung im Jahr 2017 mit der Verabschiedung des Nationalen Aktionsplans Bildung für nachhaltige Entwicklung und deren 130 Ziele und 349 konkrete Handlungsempfehlungen für alle Bildungsbereichen Rechnung. In der Nachhaltigkeitsstrategie des Landes Brandenburg ist BNE einer der fünf Handlungsschwerpunkte.

Warum wird BNE ein so hoher Stellenwert bei der Umsetzung der SDGs beigemessen? Bildungsarbeit, die die Themen der SDGs aufgreift, sensibilisiert Lernende für die 17 Ziele, führt zu einer kritischen Auseinandersetzung mit deren Inhalten beziehungsweise stellt sie aktuellen globalen Problemlagen gegenüber und motiviert letztlich zum enkeltauglichen Handeln. Als ganzheitlicher Bildungsansatz bezieht sich BNE dabei nicht nur auf Lerninhalte, sondern auch auf eine Transformation von Lehrmethoden und Lernumgebungen. Die Lernenden erwerben also auch Einstellungen und Werte, die sie neben dem fachlichen Wissen dazu befähigen, zu einer besseren Zukunft, wie sie die SDGs fordern, mit beizutragen. BNE ist daher ein Schlüsselinstrument zur Erreichung der SDGs. Es gibt heute zahlreiche Möglichkeiten, die in der Agenda 2030 und insbesondere in den SDGs angesprochenen Themen für schulische und außerschulische Bildungskontexte aufzugreifen. Anknüpfungspunkte zur Themenbearbeitung im Schulunterricht bietet zum Beispiel der vor knapp fünf Jahren verabschiedete neue Rahmenlehrplan für Berlin/Brandenburg (siehe Teil B: Fachübergreifende Kompetenzentwicklung).

Anfang 2020 startete das neue UNESCO-Bildungsprogramm: „Education for Sustainable Development: Towards achieving the SDGs: ESD for 2030“ („Bildung für nachhaltige Entwicklung zur Umsetzung der SDGs: BNE für 2030“). Forderte schon das BNE-Weltaktionsprogramm “to empower learners to transform themselves and the society they live in“, will „ESD for 2030“ noch darüber hinaus gehen. Es drängt auf eine Bildung, die dazu befähigt, politisch aktiv zu werden, um die globalen Nachhaltigkeitsziele umzusetzen. Im Programm heißt es, dass alle BNE Aktivitäten zur Umsetzung der SDGs beitragen. Es verfolgt damit einen klar politischen Ansatz und spricht von: „BNE in Aktion ist Bürger-sein in Aktion“. Der offizielle Startschuss des neuen UNESCO-Programms „ESD for 2030“ wurde auf der UNESCO-Konferenz im jahr 2021 in Berlin gegeben. Dort berieten 800 internationale Experten über die strategische Ausgestaltung des Programms und beschlossen Maßnahmen zur Umsetzung.

 

BNE in der praktischen Arbeit des Naturparks Uckermärkische Seen

„Naturparke sollen auch der Bildung für nachhaltige Entwicklung dienen.“ (§27 Abs.2 BNatSchG) Seit dem 1. April 2018 haben alle deutschen Naturparke die gesetzliche Aufgabe im Rahmen einer BNE tätig zu werden. Wie könnte nun diese Aufgabe konkret ausgestaltet werden? Wir als Naturpark Uckermärkische Seen sehen uns vorwiegend als Koordinator, Moderator, Vernetzer, Qualifizierer und Unterstützer eine regionalen Bildungslandschaft. Wir unterstützen (außer-)schulische Bildungseinrichtungen bei der (Weiter-)Entwicklung und Durchführung von BNE-Angeboten, vernetzen potenzielle (Bildungs-)Partner*innen der Region, organisieren Fortbildungen und setzen eigene praktische Projekte um.

Im Einzelnen: Mittelfristig werden wir unsere bestehenden Schulkooperationen um neue Projektangebote und zusätzliche Schulen erweitern. Wir stehen dabei in engem Kontakt mit unseren Partner-Schulen und versuchen, angezeigte Bedarfe inhaltlich wie didaktisch zu decken. Auch steht dabei eine mögliche Zertifizierung zur „Naturpark-Schule“ im Rahmen des gleichnamigen VdN-Netzwerks auf unserer Agenda. Weiter möchten wir unsere Bildungsarbeit im außerschulischen Bereich ausweiten und neue Zielgruppen (zB. Senior*innen, Kommunalvertreter*innen etc.) erreichen. Darüber hinaus möchten wir in der Zukunft regionale Partner*innen, wie beispielsweise Land- und Forstwirte, lokale Unternehmen, Erwachsenenbildungsstätten, NGOs und Vereine stärker in die Bildungsarbeit mit einbeziehen und unsere gemeinsamen Kontakte hin zu einem Bildungsnetzwerk ausbauen. Wir bieten auch zukünftig und nach Bedarf jährlich Fortbildungen für Lehrkräfte, Multiplikator*innen und andere regionale Akteur*innen an. Selbstverständlich versuchen wir geeignete Bildungsformate/-inhalte gemeinsam mit der jeweiligen Zielgruppe abzustimmen und nach Bedarf anzupassen. Unsere eigenen schon vorhandenen und noch zu entwickelnden Bildungsangebote sollen dem Konzept einer Guten BNE Rechnung tragen und anschlussfähig an den aktuellen Rahmenlehrplan sein. Darüber hinaus stellen wir uns derzeit die Frage, wie wir im digitalen Zeitalter unseren Bildungs- und Informationsauftrag gerecht bleiben und gleichzeitig die großen Möglichkeiten (und Reichweiten) des digitalen Raums für uns nutzbar machen können, nicht zuletzt unter Verwendung neuer interaktiver, partizipativer und narrativer Formen der Vermittlung (beispielsweise mit multimedialen und Augmented-Reality Elementen).

Wie können wir nicht zuletzt die sogenannten „bildungsfernen“ Personengruppen erreichen und wie schaffen wir es, dass diese wie auch andere sich privat weiter mit Nachhaltigkeitsthemen auseinandersetzen? Wie können wir Neugierde erhalten bzw. (neu) wecken? Wie können wir Menschen stärker für die heutigen Herausforderungen (Klimawandel, Verlust der Artenvielfalt, Armut, Migration…) sensibilisieren und sie als eigenständig handelnde und politische Personen im nachhaltigen Sinne empowern?

Mit dem räumlichen Umzug der Naturparkverwaltung in den Templiner Bürgergarten in naher Zukunft werden sich auch für uns neue Möglichkeiten eröffnen, barrierefreie, interaktive, partizipative, multimediale und zielgruppengerechte Angebote im Rahmen eines digitalen Bildungs- und Informationszentrums zu entwickeln, welche für alle Personengruppen (Einheimische, Besucher*innen, Bildungseinrichtungen, regionale Akteur*innen…) zugänglich sind. So soll für den Naturpark Uckermärkische Seen Bildung für nachhaltige Entwicklung in absehbarer Zukunft selbst zu einem Querschnittsthema werden, das sich übergreifend in allen anderen Aufgabenfeldern (Schutz, Erholung, Entwicklung) widerspiegelt.

 

BNE/Umweltbildung mit der Naturwacht

Zwischen Naturpark und einigen Schu­len in Boitzenburg, Lychen, Mildenberg, Templin und Zehdenick besteht seit vielen Jahren eine Kooperationen zum gegenseitigen Vorteil. Die Schüler*innen lernen geschützte Pflan­zen und Tiere sowie deren Lebensräume in Wohnortnähe kennen, erleben spannende Projekttage und erhal­ten fachkundige Hilfe bei der ökologischen Gestaltung der Schulhöfe. Andererseits erfassen sie wichtige Umweltdaten, z.B. die Sichttiefe von Seen, die Bestände von seltenen Pflanzen und Tieren oder pflegen wertvolle Biotope wie Feuchtwiesen und Moore. So unterstützen sie die Naturwacht und die Naturparkverwaltung. Nicht zuletzt sind unter fachlicher Anleitung der Naturwacht die „Eisvögel‟ und die „Havelspatzen‟, zwei Gruppen von Juniorrangern, aktiv.  Hier geht's zum Junior-Ranger-Programm